Sonaten von Mozart und Beethoven – Konzerthaus Dortmund.
Gregory Sokolov ist wohl ein lichtscheues Wesen. Wenn er auftritt, wird es schummrig. Der Saal ist fast ganz abgedunkelt, die Bühne spärlich beleuchtet. Auch wartet man als Zuschauer immer wieder (gern) auf sein Erscheinen.
Diese Zeit ist interessant, weil man die überall noch leuchtenden smartphones sehen kann, die teils bis zur letzten Sekunde vor dem ersten Ton aktiv sind. Was würden die armen Kreaturen wohl tun, wenn man ihnen dieses Spielzeug wegnehmen würde? –
Die Tätigkeit als Musiker, der ausschließlich Klavierabende gibt, ist eine einsame – das Solo steckt ja schon im Namen – und führt möglicherweise dazu, dass sich die Konzerte gerne dehnen, vielleicht um den Kontakt mit dem unsichtbaren Publikum zu verlängern. Drei Stunden waren es diesesmal.
Mozarts Sonata facile hört man man einem ruhigen Allegro, einem flotten Andante und einem ruhigen Rondo Allegretto insgesamt sehr brav und korrekt – außer den Sokolovschen Verzierungen und Varianten, die aber den Gesamteindruck bei mir auch nicht ändern. Ohne Unterbrechung und ohne Applaus folgen die c-moll Fantasie und Sonate, die mir auch recht kontrastarm erscheinen. Die große russische Gemeinde scheint danach aber hellauf begeistert.
Nach der Pause folgen Beethovens Sonate 27 in e-moll und wieder nahtlos die letzte Sonate c-moll. Mit Sokolovs Beethoven kann ich schon etwas mehr anfangen, auch wenn mir die Aria in ihrer Dehnung unendlich lang wird – für l’istesso tempo hat Herr Sokolov wohl eine neue Deutung gefunden.
22:15 Uhr ist es dann endlich und nun blüht der Meister erst richtig oder nochmal – wie man will – auf. In sechs Zugaben (beim letzten Mal waren es fünf) zeigt der Meister für mich seine wahre Größe: das romantische Klavierstück – insbesondere von Chopin und Schubert. Diese erfahren eine teils unermessliche Dehnung in die Unendlichkeit. Und das finde ich wirklich überzeugend musiziert im romantischen Sinne.
Das Warten hat sich gelohnt.